
Florian Pütz
Schachtalk mit Florian Pütz: Vom Siebengebirge zum SPIEGEL
Florian Pütz ist einer der wenigen Journalisten in Deutschland, die das Thema Schach regelmäßig in einem großen Nachrichtenmagazin platzieren. Im neuen Schachtalk spricht er über seine Anfänge im Verein, seine Arbeit beim SPIEGEL – und über Debatten, die die Schachwelt bewegen.Erste Schritte und heutiger Klub
Seine ersten Partien spielte Pütz bei der SG Siebengebirge. Inzwischen ist er Mitglied beim Hamburger SK, einem der größten und traditionsreichsten Klubs des Landes. Beruflich führte ihn der Weg von sport.de, dpa und SID schließlich zum SPIEGEL, wo er seit 2019 schreibt. Dort verantwortet er Porträts, Analysen und die Kolumne „Schachmatters“. „Ich bin ein Adult Improver, der sich seit Jahren um die 1300 Elo bewegt“, sagt er über sich selbst – und nutzt diese Außensicht bewusst für seine Texte.
Archivschätze und lange Tradition
Im Gespräch schildert Pütz, welche Schätze er im SPIEGEL-Archiv gefunden hat: das berühmte Kasparow–Karpow-Doppelinterview im Kalten Krieg, ein Simultan mit Kasparow 1985 oder Carlsens Besuch 2018. Auch bei einem Nachruf auf Robert Hübner stieß er auf die Tiefe der Schachtradition im Haus.
Liveticker – ein Traumjob
Besonders ans Herz gewachsen ist ihm der Schach-Liveticker. Kollegen hatten ihm schon bei seinem Einstieg davon erzählt. Lange verhinderten technische Hürden, dass er selbst tickern konnte. Bei der letzten WM klappte es: Mit Lichess-Einbindung liefen die Partien live auf spiegel.de, darunter kommentierte Pütz gemeinsam mit Kollegen. „Das war für mich eine kleine Traumerfüllung“, sagt er.
Reisen und Reportagen
Zu den Highlights seiner Arbeit zählen Besuche vor Ort. In der Bundesliga am Millerntor sah er Magnus Carlsen im Trikot des FC St. Pauli, in Weissenhaus beim Freestyle Chess beeindruckten ihn die professionelle Inszenierung und die Nähe zu Carlsen, Keymer und Firouzja. Für Pütz Momente, in denen Schach fast so wirkt wie ein großes Sportevent.
Reichweite und Verantwortung
Was beim SPIEGEL besonders gelesen wird, weiß Pütz genau: große Namen wie Magnus Carlsen, nationale Stars wie Vincent Keymer – und Konflikte wie die Affäre Carlsen–Niemann. „Carlsen hat Vorwürfe erhoben, sie aber nicht sofort mit klaren Belegen untermauert“, erinnert sich Pütz. Für ihn ein Beispiel, wie ein einzelnes Signal riesige Wellen schlagen kann – und wie vorsichtig Medien reagieren müssen.
Keymer und der „Becker-Moment“
Über Vincent Keymer spricht Pütz ausführlich. Veranstalter Jan-Henrik Büttner nannte seinen Sieg in Weissenhaus einen „Boris-Becker-Moment“. Pütz widerspricht: Das war ein Riesenerfolg, aber mit Becker 1985 nicht vergleichbar, so Pütz. Trotzdem sei Keymer für die deutsche Wahrnehmung enorm wichtig.
Blick nach Usbekistan
Natürlich kam auch das aktuelle Geschehen zur Sprache: Beim FIDE Grand Swiss in Usbekistan schlagen sich derzeit Keymer, Matthias Blübaum und Dinara Wagner beachtlich. Jonathan Carlstedt steuerte die fachliche Analyse bei, und attestiert Vincent Keymer trotz 3 aus 4 Punkten bislang kein gutes Schach.
Schachästhetik: Erdogmus’ Matt
Ganz ohne Stellung ging es nicht: Gemeinsam sah die Runde das spektakuläre Matt von Erdogmus gegen Mittal. Ein Beispiel dafür, dass die Schönheit des Spiels immer ihren Platz hat.
Zur Partie: FIDE Grand Swiss 2025 | Open • Round 4 • lichess.org
Streitfall Nakamura
Für Gesprächsstoff sorgte auch Hikaru Nakamura. Seine Teilnahme an der Staatsmeisterschaft von Louisiana diente vor allem dem Sammeln von Elo-Punkten. Ein ungewöhnlicher Weg, um sich für das Kandidatenturnier zu positionieren – aber einer, den auch Firouzja schon beschritten hat.
Respekt für Kollegen
Zum Schluss schlug Pütz persönliche Töne an: Er würdigte Stefan Löffler für seine Zugänge zur Szene und Ulrich Stock von der ZEIT für seinen Stil. „Bei Stock bin ich auf jeden Satz neidisch“, sagt er – ein Kompliment, das zugleich zeigt, wie hoch die Latte für Schachjournalismus in Deutschland liegt.
Zum ausführlichen Schachtalk:
Florian Pütz (Spiegel) im Schachtalk
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