- Blind mode tutorial
lichess.org
Donate
Raj Tischbierek

Chess Tigers

25 Folgen Schachtalk – Gespräch mit Raj Tischbierek

Chess Personalities
Zum silbernen Jubiläum des „Schachtalk am Sonntag“ hatten Jonathan Carlstedt und Michael Busse Großmeister Raj Tischbierek zu Gast. Der 63-Jährige prägt das deutsche Schach seit Jahrzehnten – als Spieler, Autor, Redakteur und Trainer. Im Talk ging es um Erfahrungen aus der Bundesliga, die Lage im Frauenschach, die Frage nach der Zukunft klassischer Turniere und die Rolle der Medien.

Vom Redakteur zum Beobachter

Mehr als dreißig Jahre lang leitete Tischbierek die Zeitschrift SCHACH. Inzwischen schreibt er monatlich für den Deutschen Schachbund und nimmt sich Zeit für eigene Projekte. Er betonte, dass es für ihn kein Rückzug sei, sondern ein Perspektivwechsel: nicht mehr in Monatsrhythmen arbeiten zu müssen, sondern Themen mit Ruhe und Tiefgang aufzugreifen.


Bundesliga – Reformideen und Realität

Ein längerer Abschnitt drehte sich um die 1. Bundesliga.
Jonathan Carlstedt brachte die Idee auf, Spieler künftig an einen einzigen Verein zu binden – wie im Fußball. Raj Tischbierek sah das skeptisch: Für ihn wären kleinere Kader und weniger Legionäre ein greifbarer Ansatz, damit Mannschaften wieder ein Gesicht bekommen. Beide waren sich aber einig, dass die Identifikation mit den Teams verloren gegangen ist, weil viele Vereine fast ausschließlich auf eingekaufte Spitzenkräfte setzen.


Kreuzberger Frauenmannschaft im Vergleich

Als Trainer des SC Kreuzberg schilderte Tischbierek die Spannweite seiner Mannschaft: eine deutliche Niederlage am 1. Spieltag gegen Übermacht Baden-Baden einerseits, ein überraschender Sieg gegen die Rodewischer Schachmiezen andererseits. Für ihn ist das Ziel klar umrissen – nicht jeder Spieltag kann gewonnen werden, wichtiger ist, dass die Entwicklung stimmt und die Spielerinnen eine klare Orientierung haben.


Klassisches Schach und neue Formate

Ein zentrales Gesprächsthema war die Gegenüberstellung von traditionellem Turnierschach und neueren Formen wie Freestyle oder Esport. Niemand stellte das klassische Spiel grundsätzlich infrage – seine Tiefe und sein sportlicher Wert blieben unbestritten. Gleichzeitig zeigte sich, dass schnelle Formate leichter ein Publikum finden, das mit den Feinheiten des Schachs nicht vertraut ist.

Tischbierek erinnerte an Botwinniks Befürchtung, dass Schach mit dem Ende der Hängepartien seinen Kern verlieren würde. Für ihn ist das ein Beispiel dafür, dass sich das Spiel immer wieder verändert hat, ohne dabei an Substanz einzubüßen.


Medien, Leserschaft und Erzählweisen

Aus seiner langen Zeit als Redakteur berichtete Tischbierek, dass die Stammleser klassisches Schach bevorzugen. Doch ohne eine passende Rahmenerzählung erreichen Turniere kaum eine größere Öffentlichkeit. Auch Carlstedt und Busse betonten, wie wichtig es ist, Schach so zu präsentieren, dass auch Außenstehende folgen können – nicht durch Vereinfachung, sondern durch eine nachvollziehbare Geschichte.


Rückblicke und persönliche Noten

Neben aktuellen Fragen ging es auch um Erinnerungen: Siege in früheren Bundesligajahren, Pläne für ein Buch über Schacholympiaden, Gedanken zu seiner Arbeit als Autor. Tischbierek machte deutlich, dass er sich zwar gerne an alte Zeiten erinnert, aber lieber für das beurteilt wird, was er heute tut.


Schlussgedanken

Der 25. Schachtalk zeigte, wie vielfältig Schach diskutiert werden kann – zwischen sportlicher Praxis, strukturellen Fragen, neuen Formaten und persönlichen Eindrücken. Wer die Runde nachhören möchte, findet sie sowohl als Podcast als auch auf dem YouTube-Kanal der Chess Tigers.
Der Schachtalk findet jeden Sonntag um 20:15 Uhr live statt.