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Titel "Grünfeld-Indisch?!" mit Schwarz auf rosa Hintergrund. Daneben auf dem Brett die Grundstellung von Grünfeld-Indisch

Mit Weiß gegen Grünfeld-Indisch - ein kleiner Trick (und eine Polgar-Partie!)

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In diesem Artikel gucken wir uns eine Partie von Susan Polgar aus dem Jahr 1990 an. Es handelt sich um eine Stellung gegen die Grünfeld-Indische Verteidigung und einen kleinen Trick für Weiß.

Vor Kurzem kam ich in die Situation mit Weiß gegen die Grünfeld-Indische Verteidigung zu spielen. In der Nachbereitung der Partie habe ich mir ein paar Stellungen angesehen, die gegen die Grünfeld-Indische Verteidigung spielbar sind und bin dabei auf eine Partie von Susan Polgar gestoßen, die sie 1990 bei der Olympiade in Novi Sad gespielt hat. Bevor wir aber zur konkreten Stellung gehen, gucken wir uns erstmal an, welche Züge zur Grünfeld-Indischen Verteidigung führen:

Grünfeld-Verteidigung

Da die Grünfeld-Verteidigung eine Eröffnung für Schwarz gegen 1.d4 von Weiß ist, habe ich die Stellung an dieser Stelle einmal aus Sicht von Schwarz aufgebaut. In diesem Artikel geht es im Weiteren aber eher darum, wie Weiß gegen die Grünfeld-Verteidigung spielen kann, deshalb werden die folgenden Diagramme eher aus Sicht von Weiß gezeigt.

Mit dem Zug 3. ...d5 besetzt Schwarz endlich das Zentrum mit einem Bauern. Im Vergleich zu 1. ... d5 besteht der Nachteil, dass d5 direkt geschlagen werden kann und nach 4. cxd5 Sxd5 der Zug 5. e4 folgen kann. Der schwarze Springer im Zentrum muss wieder weichen und Weiß hat nun zwei Bauern im Zentrum stehen. Gucken wir uns dies nun in einer Grafik an:

Weißes Zentrum in Grünfeld-Verteidigung

In den Datenbanken lassen sich einige relativ aktuelle Partien (z.B. aus 2019, 2020, 2021) von Magnus Carlsen finden, wo er diese Stellung mit Weiß aufs Brett bekommen hat. Gleichzeitig gibt es auch Partien, wo Magnus Carlsen in diese Stellung mit den schwarzen Figuren gekommen ist.

Gucken wir erstmal weiter. Nach 5. e4 ist es sinnvoll für Schwarz, mit dem Springer, der sowieso bewegt werden soll, den weißen Springer zu schlagen. So kann der eigene Springer nicht weiter gejagt werden und eine verteidigende Figur mit Blick zum Zentrum von Weiß wird aus dem Spiel genommen. Hier folgt erstmal eine kommentierte Version der Partie Susan Polgar vs. Vivian Ramon Pita (1990) bis zum 12. Zug. Diese Stellung wurde auch in anderen Partien erreicht und stellt die Basis für einen kleinen Trick dar, der in diesem oder vergleichbarem Spiel gegen die Grünfeld-Indische Verteidigung durchgeführt werden kann.

Stellung bis zum 12. Zug

In dieser Stellung ist der meistgespielte Zug in Spitzenpartien ein interessanter Zug, der auf einem Trick basiert. Welcher Zug könnte dies sein? Wer selbst darüber nachdenken möchte, sollte an dieser Stelle aufhören weiterzulesen und sich auf die Stellung im 12. Zug konzentrieren. Für alle anderen wird es im Folgenden weitergehen.

Sehen wir uns die Situation auf dem Brett an. Zuerst zur Königssicherheit: Beide Könige haben kurz rochiert und stehen im Schutz der eigenen Figuren und Bauern. Schwarz hat mit dem fehlenden Springer (weniger Königsschutz?) auf dem Königsflügel einen fianchettierten Läufer, der auf eine wunderschöne Diagonale strahlt. Auf dieser Diagonale macht Schwarz Druck auf den weißen Bauern auf dem Feld d4. Dieser Bauer wird von drei schwarzen Figuren angegriffen, von dem Läufer, dem Springer und der Dame. Derselbe Bauer wird von derselben Anzahl an Figuren von Weiß gedeckt, von dem Läufer, dem Springer und der Dame. Der Bauer ist also im Moment ausreichend gedeckt.
Auf der Diagonale von dem schwarzfeldrigen Läufer befindet sich hinter dem Bauern auf dem Feld d4 auch noch ein weißer Turm. Ein Zug, den die Analyse mit Lichess (Stockfish 14) hier empfiehlt, scheint daher recht plausibel zu sein: Tc1. Damit besetzt Weiß mit dem Turm die einzige offene Linie, der Turm wird aus der Läufer-Diagonale gezogen und in diesem Moment muss noch nicht direkt etwas für den Schutz des Bauern auf d4 getan werden, weil dieser (noch) ausreichend geschützt ist.
In dieser Stellung sind noch ein paar andere Züge spielbar, aber einer basiert auf einem interessanten Trick: Susan Polgar spielte 13. d5 (!). Mit diesem Zug greift Weiß den Springer auf c6 an, der diese Position gerade eingenommen hatte. Gleichzeitig wird für Schwarz die Diagonale zum weißen Turm geöffnet. Mit dem Zug d6 wird auch Druck von dem d-Bauern genommen. Warum der Zug so interessant ist, zeigen die Züge, die in der Partie auf diesen folgten. Hier geht's zur gesamten Partie:

Partie Susan Polgar vs. Vivian Ramon Pita (1990)

Es scheint also so zu sein, dass Weiß eine Qualität abgibt, in Wirklichkeit bekommt Weiß diese aber zurück und dafür ist der starke schwarze Läufer vom Brett. Die weißen Figuren stehen etwas aktiver nach diesen Abtäuschen. Natürlich ist Schwarz nicht gezwungen, die angebotene Qualität nach dem Zug d5 anzunehmen und/oder im 17. Zug die eigenen Figuren nicht aktiver zu stellen.